Donnerstag, 1. April 2021

Ja zur Harmonisierung des öffentlichen Beschaffungswesens – aber mit Vorbehalt

Die Grünliberalen des Kantons Solothurn unterstützten eine schweizweite Harmonisierung des Beschaffungswesens. Dass der Qualitätswettbewerb gegenüber dem reinen Preiswettbewerb ein grösseres Gewicht bekommen soll, wird dabei sehr begrüsst. Allerdings bedauert die glp, dass es nicht gelungen ist, die Zuschlagskriterien auf allen Ebenen zu vereinheitlichen. Der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) nicht beizutreten ist für die glp jedoch keine Option, gegenüber der heutigen Lösung bietet sie nur Vorteile. Jedoch muss aus Sicht der Grünliberalem zwingend eine Möglichkeit geschaffen werden, in Zukunft Dumpingangebote zu verhindern.

Die Harmonisierung des Beschaffungsrechts von Bund und Kantonen wurde von der Wirtschaft seit Jahren gefordert, nun liegt sie vor. Leider ist die Harmonisierung jedoch nicht vollständig gelungen. Die glp bedauert sehr, dass es zwischen dem BöB (Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen, seit 01.01.21 in Kraft) und der IVöB eine Differenz in den Zuschlagskriterien gibt. Die Kriterien «unterschiedliche Preisniveaus in den Ländern, in welchen die Leistung erbracht wird» und «Verlässlichkeit des Preises» ist nur im BöB, jedoch nicht in der IVöB enthalten.

 

Beitritt zum IVöB und Zustimmung zum Submissionsgesetz

Wie bei interkantonalen Vereinbarungen üblich, kann der Kanton Solothurn das Paket nur akzeptieren oder ablehnen, einzelne Nachjustierungen sind nicht möglich. Der IVöB nicht beizutreten, ist für die glp keine Option, weshalb sie sowohl dem Beitritt zur IVöB als auch der Teilrevision des Submissionsgesetzes zustimmt.

 

Beim Kriterium «unterschiedliches Preisniveau», unterstützt die glp die Haltung der Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK), wonach dieses Kriterium kaum umsetzbar ist. Um Preisniveaus von Ländern sichtbar zu machen, bräuchte es einen transparenten Bemessungsindex, was kaum praktikabel ist. Zudem dürfen nach GATT/WTO-Abkommen ausländische Submittenten nicht diskriminiert werden. Eine Preisniveauklausel bedeutet jedoch eine Korrektur des Preisniveaus zu Gunsten inländischer Anbieter, was de facto einen Heimatschutz bedeutet.

 

Beim Kriterium «Verlässlichkeit des Preises», geht es vornehmlich darum, sogenannte Dumpingangebote zu verhindern. Dies ist im öffentlichen Beschaffungswesen immer wieder ein Problem und kommt leider zu oft vor. Die glp bedauert es deshalb, dass dieses Kriterium nicht in die IVöB aufgenommen wurde, denn es liesse sich entgegen der Haltung der BPUK relativ einfach umsetzen. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel das «Tessiner Modell», welches auch von der KBOB (Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren) vorgeschlagen wird. Die Verlässlichkeit wäre ein geeignetes Instrument, um die Problematik von Dumpingangeboten abzuschwächen und den Qualitätswettbewerb zwischen allen Anbietern – auch ausländischen – zu fördern.

 

Die glp ist daher dezidiert der Meinung, dass eine Möglichkeit geschaffen werden muss, Dumpingangebote zu verhindern. Da das Kriterium «Verlässlichkeit des Preises» ja nicht in die IVöB aufgenommen wurde, schlagen wir deshalb vor, das «Tessiner Modell» unter dem Kriterium «Plausibilität der Angebotes» anzuwenden. Der Kanton könnte dazu entsprechende Ausführungsbestimmungen erlassen.

 

Pensionskasse nicht mehr unter Geltungsbereich des Submissionsgesetzes stellen

 

Die glp ist damit einverstanden die Pensionskasse des Kantons Solothurn (PKSO) nicht mehr dem Submissionsgesetz zu unterstellen. Die PKSO hat umfassende Autonomie, ist von der Politik unabhängig, vollkapitalisiert und geniesst keine Staatsgarantie mehr. Diesbezüglich hat sich die Ausgangslage seit Erlass des geltenden Submissionsgesetzes grundlegend geändert. Die PKSO ist aufgrund der berufsvorsorgerechtlichen Vorgaben des Bundesgesetzgebers und unter Haftung der involvierten Organe verpflichtet, die Vorsorgegelder sorgfältig und unter bestmöglicher Wahrung der Interessen der Versicherten anzulegen. Zudem hat auch der Bund seine Vorsorgeeinrichtungen vom Submissionsrecht ausgenommen.

 

Ausschreibungen nicht mehr im Amtsblatt publizieren

 

Es spricht in der heutigen Zeit nichts mehr dafür, die Ausschreibungen noch im Amtsblatt zu publizieren. Dies ist ein alter Zopf, der nur zusätzliche Kosten verursacht. Die Ausschreibungsplattform simap.ch hat sich schweizweit bei allen Beteiligten als zuverlässiges Instrument bewährt und etabliert. Eine Doppelspurigkeit ist unnötig.

 

Keine tieferen Schwellenwerte mehr in den Gemeinden

 

Die Aufhebung der Möglichkeit für Gemeinden, die Schwellenwerte tiefer festzulegen, unterstützt aus Sicht der glp die Harmonisierung der Ausschreibungen auf allen Stufen. Sollten die Gemeinden weiterhin ihre Schwellenwerte selbst (tiefer) anlegen können, führt das zu einer Unübersichtlichkeit, und das Ziel einer Vereinheitlichung wird verfehlt. Die Gemeinden würden damit ihren Spielraum bei Vergabungen selbst einschränken. Die Schwellenwerte im IVöB sind aus Sicht der glp vernünftig angesetzt, und sind auch für Vergabungen in den Gemeinden ohne Probleme anwendbar.

 

Personelle und finanzielle Konsequenzen

 

Zu den personellen und finanziellen Konsequenzen ist es aus Sicht der glp nachvollziehbar, dass die Einführung des neuen Rechts mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Das beantragte Vollzeitpensum sollte jedoch zeitlich auf 3 Jahre befristet werden. Wir gehen davon aus, dass nach dieser Übergangsfrist das neue System eingeführt und die «Kinderkrankheiten» ausgestanden sind. Längerfristig geht für die glp nicht hervor, warum das neue Beschaffungsrecht personell aufwändiger sein sollte als das alte.